Psychische Erkrankungen in Videospielen

Virtual Reality, Augmented Reality, Mixed Reality. Gefühlt erleben wir gerade eine Revolution der Spieleentwicklung und des Spielerlebnisses.

Was – wie so oft bei Fortschritt– übersehen wird, ist Reflexion. Macht das Sinn, wie wir Dinge umsetzen? Wie wir Dinge darstellen? Sollten wir für unser Horrorspiel wirklich wieder eine alte, vermüllte Psychiatrie mit gewalttätigen Patienten als Setting nehmen? Als Antagonist den größenwahnsinnigen „Verrückten“? Als Nebencharakter einen wahnsinnigen Professor?

DAS Klischeesetting für Horror: Die alte mitgenommene Psychiatrie.
Quelle: Mental Asylum VR

Immer wieder stoßen wir bewusst oder unbewusst auf solche Stereotypen. Diese sind nicht nur in Videospielen vertreten, sondern in allen Massenmedien. Von Büchern bis hin zu Blockbustern.

Das kann nicht nur auf Dauer nervig sein, sondern auch unsere Wahrnehmung von psychischen Erkrankungen und deren Behandlung beeinflussen. Eine Studie untersuchte diesen Effekt durch den Film „Einer flog über das Kuckucksnest“. Das Ergebnis:

Analysis indicated substantial negative changes in attitude in four of the five areas investigated after viewing the film, but no change after the televised documentary.
– George Domino, Impact of the Film, “One Flew over the Cuckoo’s Nest,” on Attitudes towards Mental Illness

Natürlich kann man von einer Studie und einem Medium nicht auf alle schließen und doch ist es ein Indiz dafür, dass Medien unsere Wahrnehmung beeinflussen können.

Einer weiteren Studie nach ist die Darstellung von psychischen Erkrankungen in Medien meistens negativ. Das Team kam zu folgendem Ergebnis:

Although content analyses do not establish impact, it is likely that negative stereotypes are being fostered and that children are learning to respond to people with mental illnesses in avoidant and disparaging ways. Anti-stigma efforts that do not include children and do not address the media images of mental illnesses that foster unfavorable stereotypes may permit continued development of negative attitudes toward people with psychiatric disorders.

-Otto Wahl, Depictions of mental illnesses in children’s media

Einfach, aber effektiv: Der brutale und aggressive, durchgedrehte Psychiatriepatient bzw. – mitarbeiter.
Quelle: The Evil Within

Während die Darstellung von Geschlechterrollen in Spielen schon länger für Diskussionen sorgt, geht das Thema psychische Erkrankungen trotz diesen Erkenntnissen vergleichsweise unter. Langsam, aber stetig, erarbeitet sich nun auch dieses Thema einen Platz im Rampenlicht. Dies nicht nur dank Spielen wie „Hellblade“ oder „Depression Quest“, sondern auch durch Publikationen und Vorträge.

Hellblade von Ninja Theory zeigt, dass auch reflektierte und recherchierte Darstellungen von psychischen Erkrankungen in Videospielen möglich sind.
Quelle: Hellblade

Auch auf der „re:publica“ in Berlin gab es einen Vortrag mit dem Titel: „Sheer (Pixelated) Madness? Mental Health in Video Games“ von Stefan Heinrich Simond. Inhaltlich wurden einerseits die Stereotypen, welche verbreitet werden, wie diese kategorisiert werden können und Beispiele jener aufgezeigt. Außerdem wurden auch beispielhaft positive Vorreiter und deren Umgang mit diesem Thema gezeigt.

In einem Interview wurde dann der Status Quo, ein möglicher Einsatz an Schulen uvm. besprochen. Das Ganze kann in Kurzform hier angehört werden:


Dieser Beitrag lief in dem Tagesprogramm von Radio LOHRO am 16.05.2018
Bildquelle: Meet the Pyro / Valve
Als Soundkulisse diente die re:publica und die Media Convention Berlin

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